Markus Gull

Kauf dich frei?

Während Perspektive, Fokus & Sinn weit oben auf der Liste der Mangelwaren stehen (einmal abgesehen von Empathie), findet sich in der Überfluss-Spalte vermutlich Frust aktuell an der Spitze (einmal abgesehen von Zeugs).

Wir haben genug. Mehr als genug.

Wir haben genug Sachen in unseren Schränken und Kellern und auf unseren Dachböden. Und wir haben vor allem genug: von all den Beschränkungen, Verstörungen und Verwirrungen, die seit Ausbruch der Pandemie einen großen Teil unseres Alltags dirigieren. Hast du nicht auch die Nase voll? Ich schon, und bei meinem Modell passt tatsächlich allerhand rein …


ZU FAUL ZUM WEITERLESEN? DANN HÖR MIR ZU:

Im Blogcast lese ich Dir diesen aktuellen Blogartikel vor. Mit Betonung, versteht sich!

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Seit Monaten kommt überhaupt kein Gespräch mehr ohne dieses Thema aus. Infektionsgeschehen, Reproduktionszahlen, Maßnahmen, große Sprüche, kleine Geister, Lichter am Horizont, Babyelefanten … Corona hängt uns weiß Gott wo raus, Bingewatchen wird immer fader, und Frustshoppen sowieso; vor allem, seit es nicht mehr cool ist, bei Amazon einzukaufen oder bei H&M abzuernten. Das war nämlich mal cool, so um die Jahrtausendwende, oder?

Damals kam „Fight Club“, Chuck Palahniuks bislang populärster Roman, auf den Markt, 1999 dann der Film ins Kino (B: Jim Uhl, R: David Fincher). Die Amerikanismus-Definition von Robert Quillen aus den 1920er-Jahren wurde durch Tyler Durden in „Fight Club“ zum Gassenhauer: „Using money you haven’t earned to buy things you don’t need to impress people you don’t like.“ 

So verwandelt sich Zivilisation in Zuvielisation, tagein, tagaus. Oder, um  Tyler zu zitieren: „You buy furniture. You tell yourself, this is the last sofa you’ll ever need in your life; no matter what else goes wrong, you’ve got the sofa issue handled. Then the right set of dishes. Then the right bed. The drapes. The rug. This is how you’re good to yourself. This is how you fill up your life.“

Füllst du noch, oder fühlst du schon?

Was füllen wir da rein in unser Leben mit all der Kauferei? Und wieso ist da überhaupt so viel Platz frei in unserem Leben? Was fehlt denn da, bitte? Ein Sofa?

„Fight Club“ bediente uns mit einem multischichtigen Metaphorikgeflecht; Sophie Kinsella machte es uns mit ihren „Confessions of a Shopaholic“ zehn Jahre später wesentlich einfacher: Rebecca – wir kennen sie aus der Verfilmung (B: Tim Firth, Tracey Jackson, R: P. J. Hogan) – ist unter anderem von ihrem Job super frustriert und kauft sich via Shopping-Anfälle vom Frust frei. Das verläuft naturgemäß so erfolgreich wie all die anderen verzweifelten Unterfangen, sich selbst oder andere schön zu saufen. Der Keim des Scheiterns liegt bereits in der Versuchsanordnung.

Es wurde schließlich trotz aller verzweifelter Missionen in diese Richtung bis heute noch kein einziges Problem im Außen gelöst, das tatsächlich im Innen entsteht. Frust ist ein solches. Egal, ob wir uns viele, viele schöne Dinge kaufen, damit wir uns selbst schön fühlen; die Birne mit Gin Tonics wegballern, damit wir nichts mehr fühlen; oder uns gegenseitig die Fresse polieren, damit wir überhaupt noch was spüren: geht nicht. Sorry.

Dank digitaler Hilfsmittel kannst du dir übrigens die gebündelte Experience aus „Fight Club“ und „Shopaholic“ ganz komod ins eigene praktische Erleben holen, wenn du dir ein paar schöne Dinge auf Amazon bestellst und das stolz auf Twitter verkündest: Fressenpolitur der Sonderklasse garantiert.

Ein Bild oder bloß Einbildung?

„Wir sind in den Augen der Öffentlichkeit nicht das, was wir sind, sondern das, wofür wir gehalten werden“, schrieb uns der kluge Paul Lazarsfeld hinter die Ohren. Allerdings sind und bleiben wir in Tat und Wahrheit dennoch das, was wir sind. 

„Flos in pictura non est flos“, wie wir Lateinnachhilfeschüler ganz gern mal ins Gespräch einfließen lassen, wenn’s past. Eine Blume auf einem Bild ist keine Blume, sondern nur ihr Abbild, und wer eine Blume malt, malt nicht den Duft der Blume.

Mit unserem öffentlichen Bild lösen wir garnix, denn das öffentliche Bild ist letztlich nichts anderes als wieder nur ein Rahmen rund um … ja, um was?

Um das, das wir gerne wären?
Um den Schein des Seins?
Um eine gähnende innere Leere?
Um das ungefundene Warum?

So suchen wir immer neue Sachen, über die wir uns definieren können, suchen aber dort, wo wir sie niemals finden werden: draußen vor der Tür. So wie der Betrunkene, der in der Nacht auf allen Vieren rund um eine Straßenlaterne kriecht und seinen Wohnungsschlüssel sucht, den er zwar nicht hier verloren hat, aber dort, wo er ihn verloren hat, ist leider kein Licht. 

So suchen wir rauschig den Schlüssel zu – ja zu was? Was fehlt, zumal in einer Gesellschaft, in der die meisten zu viel haben, viele mehr, als sie brauchen, und fast alle jedenfalls genug?

Mir scheint, es fehlt den allermeisten am Nötigsten, und das suchen sie allermeistens an der falschen Stelle. Es fehlt an Sinn. Sie suchen ihn im Lichtkegel, der von außen auf unser Dasein fällt, und nicht in unserem finstren Inneren, wo wir ihn verloren haben, den Schlüssel zum Sinn.

Wir wissen, am Schlüsselanhänger hängt ein Schild dran, auf dem stehen Purpose, Why, Bestimmung und solche Sachen zu lesen, die wir von den Buchrücken aus unserem Self-Help-Ratgeber-Stapel am Nachttisch kennen. Die kennen wir auch aus den geshareten Zitate-Postings im Instagram-Feed, den wir am grell beleuchteten Smartphone checken, bevor wir E-Mails lesen, bevor wir Nachrichten lesen, bevor wir WhatsApp-Nachrichten beantworten, bevor wir den Instagram-Feed checken, bevor wir aufstehen, bevor wir „Guten Morgen!“ sagen, bevor wir wieder den Instagram-Feed checken und dann unser Frühstück posten – endlich also die Welt mit uns und unserem Green Smoothie überraschen, was wir ja täglich tun. Oder was mit Hafermilch. „Schaut her, ich kann es mir leisten, zu verzichten!“, heißt diese Story, und unser innerer Tyler Durden zieht sich grad die Handschuhe aus …
Ja, was wir essen. Das ist auch so was … Man möchte meinen, der Mensch an sich, der nach den Parametern der Wissenschaft bemessen das intelligenteste Lebewesen am Planeten sein dürfte, kann doch nicht gleichzeitig das einzige Lebewesen am Planeten sein, das seinen Lebensraum ausgerechnet durch die Produktion seiner Lebensmittel zerstört – und sich selbst noch dazu, durch das, was er isst, und wie viel davon.

Im letzten Beitrag schrieb ich in diesem Zusammenhang über unser Fressverhalten: Ich weiß zwar nicht, was raffiniertes Kokosöl, Raucharoma, Cellulose, Methylcellulose, Maltodextrin, Ascorbinsäure oder modifizierte Stärke ist, aber ich schluck’s halt mal runter, nachdem ich es auf Instagram gepostet habe … Das war keine lose Zusammenstellung aus meinem fantastischen Rezeptbuch, sondern wird dir in dieser Kombo von den Beyond Meat-Zauberlehrlingen serviert. Ich geh nicht davon aus, dass das giftig ist, würde aber trotzdem einen Gedanken drauf verwenden, ob man ernährungsphysiologisch möglicherweise besser dran wäre, wenn man die Verpackung isst und den Inhalt entsorgt. Oder überhaupt was ganz anderes?

Kunst oder künstlich?

Aber die gute alte Convenience halt! Das war in Summe die Idee, sich von Frust freizukaufen. Weil’s auch schneller geht, weil’s auch leichter geht, weil’s auch sicherer gelingt. Das glückte durchaus immer wieder, denn die Angst vor einem Fehlschlag sitzt uns nicht nur in den Knochen, sondern auch in den Genen – im Großen wie im Alltäglichen.

Man spart sich also den Frust wegen der missglückten Fotos durch Kameras, bei denen man nichts mehr einstellen kann; den Frust wegen schwerer Flaschen durch Plastik; den Frust wegen des zeitaufwändigen Kochens durch Fertiggerichte & Lieferdienste. Alles praktisch, aber meist blieb’s dennoch bei der Illusion, mit der das So-tun-als-ob zwar zur alternativen Realität erhoben wurde, letztlich aber vor allem den Unterschied zwischen Kunst und künstlich greifbar machte. 

Bei unserem Essen ist das praktisch lückenlos so. Nur weil’s so aussieht, so heißt und vielleicht auch noch so schmeckt, watschelte und quakte, ist es nicht notwendigerweise eine Ente. Aber du bist, was du isst.

Natürlich hat nicht jeder einen Bauernmarkt vor der Nase, nicht alle können sich alles leisten und so weiter und so weiter, und das System ist ja auch noch so, wie es ist: das System.

Aber das muss nicht so sein. Systeme sind immer das Ergebnis der Entscheidung von Menschen. Daraus entstehen sie, davon werden sie genährt, dadurch bleiben sie am Leben. Bis jemand weint. Oder bis jemand das System stört und sagt: „Momenterl mal …!“ Besser: bis jemand was tut. Eine Brücke baut, gerne auch eine digitale; neue Verbindungen herstellt, oder alte erneuert, außerhalb des Systems und doch systemrelevant wie nur was. 

Wenn es zum Beispiel um regionale Lebensmittel geht, um Bauern, Herstellungsbetriebe und um uns Lebensmitteleinkäufer, dann leistet der digitale Bauernmarkt Markta.at großartige Feldarbeit und super-erfolgreiche noch dazu. Markta-Gründerin Theresa Imre – aktuell als eine der besonders bemerkenswerten Menschen auf die „30 unter 30“-Liste von Forbes gehoben, war bei mir im Podcast. Die ehemalige Unternehmensberaterin und Foodbloggerin hat sich eine Menge Gedanken gemacht über die Art, wie unsere Lebensmittel entstehen, wie sie gehandelt werden und deshalb auch, weil eben viel zu wenig wertgeschätzt, zuhauf vernichtet. 

Perspektive

Theresa und ich haben eine gute Stunde über Beruf & Berufung, den wahren Wert von Arbeit & Erfolg und über das, was wir denn alles so essen, gesprochen und freuen uns, wenn du im Player deiner Wahl oder hier dabei bist. 

Theresa hat verstanden – so hab’ ich das verstanden –, dass wir doch noch etwas brauchen, in unserem Überfluss-Fluss, not-wendig sogar: eine völlig neue, eine bessere Art, mit unseren Lebensmitteln umzugehen. An vielen Stellen tut sie was dafür, manche sieht man, manche erlebt man, jedenfalls kann man sich über Ergebnisse am digitalen Marktplatz Markta.at freuen. Wenn du dich dort treiben lässt, freuen sich noch viele mehr. 

Die Lieferzeiten wurden seit dieser Woche drastisch verkürzt, und falls du eine virtuelle Weihnachtsfeier planst, organisiert Markta die kulinarische Versorgung deiner Gäste mit dem Versand von Köstlichkeitspaketen. Quasi ein Buffet, das sich bei dir anstellt …

Fokus kannst du dir schenken.

Nachdem in Österreich nächste Woche der Handel wieder aufsperren darf, steht ja dem Weihnachtsgeschenke-Kauf praktisch nichts im Wege, außer vielleicht der Umstand, dass die meisten sowieso schon alles haben. Fast alles. 

Zum Beispiel ging in den elenden Frustmonaten vielen von uns die Perspektive, der Fokus verloren – die Geschichte, die sie sich in ihrem Inneren selbst erzählen. Viele fragen sich: „Was soll das alles, worin steckt der Sinn?“ Oder besser: „Was kann ich sinnvoll tun und beitragen? Ich selbst, oder mit meiner Company?“ Damit das gut in Fluss kommt, dafür brauchen wir mitunter Anstöße von außen, einige erprobt gute Tools, den geschärften Blick aus der Adlerperspektive. Genau dafür habe ich die PowerHour erfunden – ein Kraftpaket, in dem sich Coaching und Beratung multiplizieren. 

Perspektive

Das kannst du auch verschenken, wenn du willst, mit meinem nagelneuen PowerHour-Geschenkgutschein ganz einfach hier. Und wenn du dir selbst, mit deinem Team oder deinem Unternehmen eine PowerHour schenken willst, dann findest du hier das, was du suchst.

Weihnachtsgeschenk finden – ist das nicht längst ein leidiges, mühsames Thema? Was schenk ich ihr, was schenk ich ihm, was schenk ich ihnen? Echte Wünsche sind selten, was man braucht, noch seltener, was man gerne hätte – na ja … 

Ich schenke seit vielen Jahren fast nur noch Bücher. Davon hat erstens niemand genug, zweitens tun Erbauung, Eskapismus und Erkenntnis immer gut, und drittens beschäftige ich mich so mit dem Menschen, der ein Buch bekommen soll, in meinen Gedanken und von Herzen, und dafür sind doch Geschenke da, oder?

Die listige Liste.

Es gibt einige hundert Buchhandlungen in Österreich, bei vielen von ihnen klappen Bestellung und Versand ganz hervorragend. Und eine ganze Menge von ihnen sind in der praktischen Sammlung von Nunu Kaller nur einen Klick von dir entfernt. In dieser prallen Liste findest du – Stand dieser Woche – über 7.000 österreichische (sorry, Restwelt!) Geschäfte aller Branchen, die das tun, was Amazon auch tut: online Bestellungen entgegennehmen und die Ware an dich schicken. Ach ja, und sie tun etwas, was du auch tust, aber Amazon nicht: Steuern zahlen. Allein deshalb zahlt es sich aus, deine Weihnachtseinkäufe hier zu beginnen, denn unsere Steuern sind das, was an anderen Stellen unter Bezeichnungen wie Hilfszahlungen, Härtefallfonds oder Medizinuniversität wieder auftaucht. Das Geld dafür sparen sich nämlich nicht die Regierungsmitglieder vom Mund ab.

Ihre mittlerweile übersprudelnde Ladenliste für den heimischen Handel stellte Nunu Kaller bereits im ersten Lockdown in Eigenregie auf die Beine, und zwar nicht als Business. Bis heute nicht. Warum? Weil es ihr ein Anliegen war und Gesagt, getan ihr zweiter Vorname ist. Nunu ist übrigens kein Nom de guerre, sondern ihr echter Vorname, kämpferisch ist sie allemal. Sie tritt gegen Ignoranz, Beautyterror oder Shopping-Irrwitz auf, und für Gerechtigkeit, Feminismus und gute Ideen tritt sie ein. Dieser Tage war sie zu einem viel zu kurzen Vollgas-Besuch bei mir im virtuellen Podcaststudio. Nunu und ich freuen uns, wenn du in der bereits erschienenen Folge mit dabei bist.

Bei den Storys von Nunu und Theresa geht’s wie bei uns allen um Aufbruch, Bewährung und ums greifbare Erleben einer neuen Verbundenheit, die wir suchen und brauchen. Verbundenheit miteinander und mit uns selbst. Je stärker diese Verbundenheit ist, desto unbeugsamer macht sie uns frei.

Wenn sie fehlt, dann beginnt es in uns uns drinnen zu grummeln, was sich oft nach Unruhe oder Ungewissheit anfühlt und uns zum Aufbruch drängt – zum Aufbruch nach … hm … in die Einkaufsstraße …?

Da meldet sich unsere innere Geschichte, die endlich gelebt werden will, in welcher Form auch immer. Durch kaufen können wir sie nicht ersetzen. Kaufen können wir uns diese Geschichte auch nicht, verkaufen kann sie uns ebenso niemand, auch nicht online.

Aber selbst Unternehmen können Teil einer solchen Geschichte sein, sollen sie sogar. Denn jeder Mensch und jedes Unternehmen, jeder von uns kann mit dem, was er unternimmt und erzählt, einer solchen Story ins Leben verhelfen – siehe Theresa, siehe Nunu. Daraus könnte schließlich sowas wie eine neue Geschichte entstehen, eine New Story, die wir dringend brauchen. Denn diese neue Geschichte handelt, so wie die alte auch, von uns allen, hat aber eine neue Perspektive: sie erzählt nicht mehr davon, was uns trennt, sondern vom Gegenteil.

Ich glaube, diese Geschichte meinte meine Großmutter, die alte Story Dudette, als sie seinerzeit im Fight Club Tyler Durden eine wirklich Saftige hinter die Löffel semmelte, mit den lehrreichen Worten: „No Story. No Glory.“

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