Markus Gull

Leadership und die hohe Kunst der Story.

Sind Führungspersönlichkeiten Künstler? Ich denke, ja, und zwar in ganz besonderer Weise. Helmut A. Gansterer teilte kürzlich in seinem Essay „Sind Unternehmer Künstler?” einige Gedanken dazu. „Der Unternehmer ist in dreifacher Form als Künstler zu sehen: Als Regisseur komplexer Prozesse. Als Impresario von Innovationen. Als ästhetischer Neuerer, der die Schönheit ins Zweckmäßige integriert.“, schreibt Gansterer und zieht schließlich das Fazit: „Mit April 2017 erklärt das Wirtschaftsmagazin trend jeden guten Unternehmer dieses Triangels zum Künstler. Zumal er, im Gegensatz zu herkömmlichen Künstlern, auch die Kunst der Menschenführung beherrschen muss. Er arbeitet also mit dem edelsten und zugleich schwierigsten Element, gegen das Marmor, Stein und Eisen wie fügsames Wachs sind.”

Ja, die Kunst der Menschenführung ist als so genannte Leading Skill heute vermutlich wichtiger als je zuvor, für Unternehmer und überhaupt für jeden Menschen, der andere führen will. In Zeiten des Umbruchs unserer Gesellschaft, der viele Bereiche unseres Lebens, allem voran die Wirtschaft erfasst, und das Ungewisse viel mehr im Vordergrund steht als das Gewisse, muss jemand ein klares Bild von einer besseren Zukunft haben. Am besten diejenigen, die vorne stehen. Denn jeder Mensch, jedes Unternehmen, jede Organisation versinkt ohne Vorstellung über die Zukunft in Depression. Leader sind die Autoren der Zukunft.

Das neue Arbeiten in Open Innovation, in frei organisierten Teams mit teils weltweit verstreuten Teams, oder die substanziellen Veränderungen, die der Digitale Wandel jedem Unternehmen diktiert – das sind  Leadership-Parade-Aufgaben, für die kunstvolles Storytelling das perfekte Werkzeug ist. Über die Zukunft gibt es nun einmal keine Fakten.

Wenn wir einen wachen Blick in den Rückspiegel der Geschichte werfen, entdecken wir viele bekannte Anführer, die unter anderem ihre einzigartige Fähigkeit verbindet, Menschen mit einer gemeinsamen Story zu fesseln, zu motivieren, in Bewegung zu setzen. Im Guten wie im Schlechten, das sei hier keinesfalls übersehen. Ob Jesus von Nazareth, Martin Luther King, Steve Jobs, Barack Obama, John F. Kennedy aber auch Adolf Hitler … Pioniere, Visionäre, Unternehmerinnen, Politiker, Demagogen, Anführer und Verführer – sie  verstehen sich, oft unbewusst, auf diese Kunst.

Leadership

Worum geht’s dabei? Natürlich um die Qualität der Erzählung. Wer langweilig ist, wird niemanden begeistern, aber eine spannend erzählte Geschichte alleine bleibt nur gute Unterhaltung. Es geht viel mehr noch um die Vision und die gemeinsame Sehnsucht von Leader und Publikum, die es zu wecken gilt, damit sich Menschen in Bewegung setzen. Es geht um das gemeinsame Werte-Panorama, auf dem die Ziele errichtet werden.

Niemand hat die Kraft von Story als Leadership-Skill besser beschrieben als Antoine de Saint-Exupéry in „Die Stadt in der Wüste”: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.” Es ist die gemeinsame Sehnsucht nach dem, nein, nicht nach dem weiten, endlosen Meer, sondern nach dem Wert, der diese Sehnsucht treibt: Freiheit.

Gilt das für alle Leader, Chefinnen, Anführer? Nein, nur für die guten.

 

Bildhinweise: Titelbild Obama –www.flickr.com/photos/usembassylondon/26404072780/ , Bild Steve Jobs – https://www.flickr.com/photos/kimstovring/15670878201

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