Markus Gull

Brandstory: Ist Mean-Washing das neue Green-Washing?

Da hat es mich bei einer Besprechung mit einem potenziellen Beratungsklienten vor einigen Wochen wirklich beinahe vom Sofa gefetzt: Ein seit Jahrzehnten erfolgreicher Unternehmer, offen und schnell im Kopf, ein mutiger, blitzschneller Entscheider, hat ein mega-innovatives, sensationelles Projekt am Start, das alles Potenzial bietet, weltweit erfolgreich zu sein. Erfolgreich, weil es ein rapide wucherndes Problem in unserer – wider schlechtere Erfahrung – Zivilisation genannten Gesellschaft adressiert und den Lebenszustand von unzähligen Menschen substanziell verbessern kann. Dass so etwas auch wirtschaftlich enormes Potenzial bietet, liegt auf der Hand. Und dann höre ich den Satz: „Ich will nicht die Welt verbessern, ich will Geschäft machen.“ 


ZU FAUL ZUM WEITERLESEN? DANN HÖR MIR ZU:

Im Blogcast lese ich Dir diesen aktuellen Blogartikel vor. Mit Betonung, versteht sich!


Und schon sieht man das Weiße an den Knöcheln meiner Finger, die sich an die Polsterung des Sofas klammern, damit ich nicht in einer tiefen, von meinem mentalen Abwehrsystem aktivierten Schutznarkose aufs Marmorne klatsche. Neue Schneidezähne kosten heutzutage ein Vermögen!

Der Satz „Ich will nicht die Welt verbessern, ich will Geschäft machen.“ bedeutet im Lichte unserer Zeit nämlich nichts anderes als: „Ich hab’ nicht verstanden, was der Sinn meines eigenen Unternehmens ist; und ich habe nicht verstanden, dass sich die Welt fundamental verändert hat.“

In meinen vielen Jahren in der klassischen Werbung hörte ich bei mutigen, holistisch gedachten Kampagnen-Ideen, die zur Abwechslung einmal kein Price-off als Heilsversprechen aufs Podest der höheren Markenweihe hoben, sondern starke, relevante Brandstorys aktivierten, immer wieder einmal Sätze wie „Wir wollen nicht in Schönheit sterben!“, oder „Glauben Sie wirklich, dass wir damit auch nur um einen einzigen Euro mehr Umsatz machen?“ Damals dachte ich oft, ich sei im falschen Film, bis ich schließlich eines Tages feststellte: Ich war im falschen Leben. Mittlerweile hat sich das falsche Leben ins richtige verwandelt.

Märkte sind schnelle, schlaue Gespräche.

Nicht zuletzt durch alles, was das WorldWideWeb an fundamentalen Veränderungen auslöste, sind die Wahrnehmung der Menschen von Unternehmen und Marken und die Beziehung, die sie mit ihnen eingehen wollen, vollständig andere als sie es noch vor ein paar Jahren waren. Das ist wunderbar in den beiden Ausgaben (1999 und 2014) des Cluetrain Manifesto beschrieben und deshalb mit meinem nachdrücklichen Lesebefehl verziert. 

Kurz gesagt: Märkte haben sich in Gespräche verwandelt, die von Marken und Unternehmen nicht manipuliert werden können, selbst wenn sie es noch so hartnäckig versuchen und sich brüllend aus allen Kanälen auf sie stürzen. Echte Menschen entscheiden schneller, schlauer und direkter, als das jedes Unternehmen könnte, wann gesprochen wird (= immer), wo gesprochen wird (= überall) und was gesprochen wird: über für diese echten Menschen relevante Anliegen. Ätsch!

Noch kürzer gesagt: Dass Unternehmen noch die Kontrolle über ihre Kommunikation oder ihr Image haben ist frommer Wunsch, und frommer Wunsch steht in diesem Fall nur als Platzhalter für Illusion.

Zwei gute Nachrichten an dieser Stelle:
1) Menschen wollen mit Unternehmen und Marken nach wie vor Beziehungen eingehen, aber nur gute, ernsthafte, ja: relevante Beziehungen. Und sie wollen sogar noch sehr viel mehr. Dazu später Ergänzendes.
2) Unternehmen und Marken sollen an diesem Gespräch nicht nur teilnehmen, sie können es sogar anstoßen, inspirieren, moderieren und ermöglichen. 

Wenn das gekonnt und guten Sinnes geschieht, dann gibt es auf die Frage: „Glauben Sie wirklich, dass wir damit auch nur um einen einzigen Euro mehr Umsatz machen?“ eine klare Antwort: „Das glaube ich nicht nur, das weiß ich!“

Achtung! Die Buzzword-Mafia ist im Dorf!

Das weiß übrigens nicht nur ich, sondern das ist mittlerweile Tagesgespräch im Global Village, und durch eben dieses Dorf wird nun eine neue Sau getrieben, auf die irgendein Einfaltspinsel Brand Purpose geschmiert hat. Brand Purpose ist der neue Hype und wird auch unter Das Warum oder Meaning angeboten. 

Im Windschatten der getriebenen armen Sau hecheln die Ferkel namens Achtsamkeit und Resonanz durch die finsteren Gassen. Wertschätzung wärmt sich noch auf, wird aber den Startschuss bald hören; oder zumindest das Echo jenes Fangschusses, der Agilität und Disruption eine saftige Wunde ins geschundene Fleisch riss …

Das Problem mit den Buzzwords – Storytelling ist ja auch so eines – hat mehrere Facetten.

  1. Buzzwords gehen bald jedem auf die Nerven, der damit be-buzzed wird.
  2. Buzzwords werden meistens von jenen benutzt, die keine Ahnung davon haben, worum es denn wirklich geht, aber vorsichtshalber halt einmal ein naseweises Geräusch dazu ausbringen. Man erkennt diese Menschen übrigens oft daran, dass sie 75–90 Prozent ihrer Sätze völlig zusammenhangslos mit einem präzise doof getimten, zeitverzögerten „Genau!“ beginnen.
  3. Die Buzzword-Mafia entwertet diese prinzipiell wichtigen, richtigen, sinnvollen Maßnahmen in einer Dimension, dass diejenigen, die ernsthaft damit arbeiten wollen, es kaum noch können, weil sie vom Albernheitsstrudel verschluckt werden und weil eben niemand als eingetragenes Total-Ei durch die Welt eiern will.
  4. Großartige Inspiratoren wie Simon Sinek (Golden Circle | Start with Why) werden bald für ihre eigenen Ideen Copyright an die Buzzword-Gurgler zahlen müssen. Jedenfalls ist ihre Idee längst nicht mehr von ihnen, weil nicht nur Manieren und Anstand, sondern auch Quellenangabe offenbar einmal zu oft übers Bermudadreieck flog.
  5. Die Mode von heute liegt morgen gnadenlos im Has-been-Corner und wird schon allein deshalb nicht mehr getragen. Auch wenn’s noch immer hervorragend gut wäre.
  6. Wieder einmal ist niemandem geholfen, dafür hat jeder wieder nix gelernt, aber das immerhin in rauen Mengen.

Ist der Brand-Purpose-Boom ein Gag?

Man sagt zwar, dass ein gesellschaftlicher Trend, der im Marketing ankommt, vorbei ist, aber was immer stimmt, stimmt erfahrungsgemäß nicht immer. Ich denke, die Suche nach Brand Purpose & Meaning hat gute Gründe und ist im Zeitgeist angewachsen, der ja längst auf Umbruch und Paradigmen-Wechsel kalibriert ist.

Weil immer mehr Menschen erkennen, dass etwas grundsätzlich falsch läuft in unserer konsumistisch getriebenen Zuvielisation, in unserer auf Mehrverbrauch getrimmten Wirtschaftsordnung, entsteht eine massive Gegensehnsucht. Im guten Zukunftsinstitut weiß man dazu und im Speziellen über die Generation Global: „Die Betäubung durch Konsum endet.“ Mehr und schneller seien dort keine Messkriterien mehr für Fortschritt, dafür aber einfacher und besser.

Der vor einigen Jahren noch Buzzword-fähige LOHAS-Trend (Lifestyle of Health and Sustainability), mit zuständig dafür, dass Bio in der Breite ankam, ist längst fest in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt und läuft gerade Gefahr, der Sack zu werden, der gedroschen wird, wenn man den Bobo-Esel bashen will.  

So steht Suche nach dem Sinn jetzt auf dem neuen Weg zum verbesserten Status ganz oben auf der „Beliebte Ziele“-Liste des gesellschaftlichen Navi. 

Also: Purpose, Meaning, Warum. 

Die entsprechenden Regale in den Special-Interest-Abteilungen der Buchhandlungen und Zeitungsgeschäften ächzen unter der Last des passenden Beratungsangebotes, Online-Kursplattformen wie Mindvalley ziehen riesige Communities an, ebenso Veranstaltungen im Inspiration-Night- und Gedankentanken-Format. 

Was unterschiedliche Studien zu diesen Themen seit Jahren zeigen, haben auch Unternehmen längst erkannt: Marken, die Bedeutung geben, ein Anliegen haben und einen Standpunkt vertreten, performen wirtschaftlich besser als andere. Das betrifft so unterschiedliche Parameter wie KPIs, Börsenperformance und den Umstand, dass das, wofür ein Arbeitgeber steht, das Nummer-1-Entscheidungskriterium bei Stellenangeboten ist. Nein, eben nicht das Gehalt.

Unilever sah bereits vor Jahren, dass Dove und Ben & Jerry’s, die beiden Meaningful Brands im Haus, doppelt so rasch wachsen wie die anderen Marken, und startete unter dem damaligen Marketingchef Keith Weed ein Purpose-Programm für das gesamte Unilever-Markenportfolio. 

Wenn du’s noch immer nicht glauben kannst, dann frag am besten Laurence D. Fink: Der Gründer und CEO des weltweit größten Investmentfonds BlackRock schrieb im Jänner 2018 einen offenen Brief an die Wirtschaft, dessen Kernbotschaft er sinngemäß ein Jahr darauf wiederholte: „Without a sense of purpose, no company, either public or private, can achieve its full potential. … Society is demanding that companies, both public and private, serve a social purpose …“ – Wir können uns darauf verlassen, dass Larry Fink nicht plötzlich in den Weihnachtsfeiertagen vom vielen Vanilletee-Trinken ein Herz gewachsen ist. Aber wer, wenn nicht er, weiß verdammt genau, wo und wie in Zukunft Geld verdient wird?

So, und ab sofort mieft’s, wenn wir nicht höllisch aufpassen, oder? 

Unternehmen führen die Gesellschaft weiter.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Unternehmen, die Unternehmer – alle unternehmerische Menschen, die sagen „Wir unternehmen was!“ eine unglaublich große Erfolgschance haben, die aus einer noch größeren Verantwortung heraus kommt. 

Nachdem sich nämlich die Politik, vornehmlich die Politiker, seit Jahren aufs Schwänzen ihres Jobs verlegt haben, den Dunst der Massen erschnuppern, dann an ihren Framings und Narrativen herumschrauben und das Populäre tun, damit sie persönlich Erfolg haben, geht nahezu alles, was positive Veränderung bedeutet, von der so genannten Zivilgesellschaft aus, und da wieder häufig von der Wirtschaft, wo man eben prinzipiell Probleme erkennt und mit Angeboten löst, als Veränderung bewirkt. 

Freilich nicht nur positive Veränderung, streuen wir uns bitte nicht selbst Samt in die Augen! Denn der Plastikdreck zum Beispiel kommt ja auch irgendwo her. Unter anderem waren da einmal Unilever-Produkte der Marke Dove drin.

Diese neue gesellschaftliche Realität haben auch jene längst erkannt, die einmal Menschen waren und sich dann in Endverbraucher, Kundennummern, Nielsen-Zahlen und schließlich in Datensätze verwandelten und sich nun als Menschen mit einer ziemlich klaren Frage an die Unternehmen zurückmelden: „Hallo, geht’s noch?“ – Unternehmen, die auf diese Frage eine relevante Antwort wissen, sehen gut aus. Wenn diese Antwort ehrlich ist, dann sind sie auch gut.

Untersuchungen zeigen, dass dies durchaus Anerkennung seitens der Menschen findet, ja: sogar auf verstärkte Nachfrage danach – und, wie man sieht, damit auch nach den dazugehörigen Produkten und Dienstleistungen. Ein großer Teil der Menschen sagt, sie erwarten, dass Unternehmen die Führungsrolle in Sachen gesellschaftliche Weiterentwicklungen aktiv annehmen sollen, weil sie es besser können als Politiker und Regierungen, dass CEOs den Lead übernehmen sollen, weil die Chance auf Gelingen dann größer ist. Die Menschen sagen auch, dass sie von Marken nicht zu etwas gedrängt werden, sondern für etwas gewonnen werden wollen. Das über lange Jahre gut bewährte Push hat ein für allemal ausgedient, Pull ist angesagt und bietet beste Chancen.

Purpose kann ehrlich und trotzdem Business sein.

Noch einmal: Hier geht es nicht um sozialromantisches Gedöns unter höchst akuter Gefahr, mit Charity verwechselt zu werden, sondern um echtes Business, nur halt gut und sinn-voll. 

Die Story von Unternehmen an sich und die Story vieler Unternehmer im speziellen verwandelt sich und sie mit ihrer neuen Aufgabe. Nahezu jedes Unternehmen wird sich in eine Content Company verwandeln. Einen Teil ihres Contents kann man kaufen, damit herumfahren, sich damit kleiden oder ihn essen.

Wie beim oberösterreichischen Unternehmen Neuburger, dem Produzenten von Oberklassen-Leberkäse … (Verdammt, jetzt ist es mir doch passiert, denn: „Sagen Sie niemals Leberkäse zu ihm“, zum Neuburger!). Dort arbeitete man jahrelang an der Entwicklung einer fleischfreien Alternative in Bio, mit österreichischen Zutaten, frei von Zusatzstoffen und versteckten Tricks, und hat nun mit einer Rieseninvestition unter der Marke Hermann derzeit vier unterschiedliche Produkte im Handel, die euphorische Begeisterung auslösen. Einmal abgesehen davon, dass die Hermann-Produkte aus dem österreichischen Mühlviertel die gefeierten Börsestars Beyond Meat qualitativ bereits outperformen, wenn man sich die unfassbare Zutatenliste der Superburger ansieht und überlegt, ob es nicht ernährungsphysiologisch smarter wäre, die Packung zu essen – Hermann & Thomas Neuburger haben ein echtes Anliegen. 

Sie, die Fleischproduzenten in der vierten Generation, wollen es den Menschen leicht machen, weniger Fleisch zu essen. Denn dass der überbordende Fleischkonsum eines der Hauptübel für den Planeten Erde (= uns Erdlinge) ist, weiß jeder, auch wenn’s nicht jeder zugibt. Deshalb starteten sie kürzlich die Initiative I mind my food, eine Plattform für Gleichgesinnte, die abseits der Unternehmenskommunikation zur Anlaufstelle für alle werden wird, die sich diesem Lebensstil zugehörig fühlen, weil wir eben nun einmal keine Produkte kaufen, sondern das, was wir sein wollen. Ich will zwar kein Leberkäse sein, aber ein bisschen Hermann und Mindful kommt statusmäßig schon ganz gut rüber. Da rede ich drüber, das teile ich … 

Brand Purpose

Wenn es um Purpose und Meaning geht, geht es um Haltung und um einen Lebensstil, wie man bei Marken wie Patagonia ziemlich ausführlich studieren kann. Das beginnt wieder mit einem Gründungstraum, dem von Yvon Chouinard, und manifestiert sich über die Produkte und die Unternehmenskultur nach innen bis hin zum gesellschaftlichen Engagement von Patagonia in durchaus kämpferischer Manier.

Brand Purpose

Immer wieder weise ich in diesem Zusammenhang in freudvoller Anerkennung auf eines meiner Lieblingsbeispiele hin: Always #likeagirl. Dieses Projekt aus dem Hause Procter & Gamble besteht seit 2014. 

Die Marke hat es sich zum Ziel gesetzt, das Selbstvertrauen von Mädchen, das gerade in der Pubertät häufig auf einen absoluten Tiefpunkt hinunterrasselt, zu stärken und es nicht bei aufmunternden Werbefilmen und starken Botschaften zu belassen. P&G macht das Richtige und setzt echte Initiativen in unterschiedlichen Themenfeldern. 

Brand Purpose

Zum Beispiel ist das Thema Menstruation in vielen Ländern nach wie vor so massiv tabuisiert, dass junge Mädchen deshalb von der Schule wegbleiben und so in eine Abwärtsdynamik in ihrer gesamten Ausbildung und fürs spätere Fortkommen bis hin zur Armut geraten. 

Mit Aufklärungsarbeit und Unterstützung von LehrerInnen, Communities und der Mädchen selbst leistet Always hier echte Pionierarbeit sowie wertvolle Beiträge zur Lösung von gesellschaftlichen Problemen und liefert seit Jahren ein Musterbeispiel für wichtige sinnvolles Engagement einer Marke mit den – durchaus erwünschten – positiven wirtschaftlichen Nebenwirkungen fürs Unternehmen.    

Finger weg von gezinkten Purpose-Karten!

Weil wir Menschen eben nun einmal Saubartln sind, gibt’s ja kaum etwas, dessen schmutzige Seite uns nicht anlockt wie ein Sweet little Rehlein den Volks-Rock’n’Roller, auf das wir uns sogleich mit einem gierigen „Hulapalu“ auf den Lippen in praller Schändungsbestrebung stürzen. 

Nachdem wir bereits Corporate Social Responsibility mit Green-Washing beschädigt haben, wäre es so gesehen ja gelacht, wenn wir aus Purpose & Meaning nicht auch noch den Unsinn an die Oberfläche klopfen. Also Mean-Washing – das Instrumentalisieren von gesellschaftlichen Anliegen für strunzblöde Werbekampagnen.

Eines der eindrucksvollsten Beispiele für diese üble Praxis lieferte vor zwei paar Jahren Pepsi mit einem unsäglichen Machwerk an Werbefilm rund um das Modell Kendall Jenner aus dem Kardashian-Clan. Der Film knöpfte sich das Thema „Riots“ vor und versenkte es auf jeder denkbaren Ebene. Dafür setze es auch einen wohlverdienten derartigen Shitstorm, dass Pepsi den Film nach wenigen Tagen zurückziehen musste. Ich habe damals einen Blogbeitrag dazu geschrieben, der auch einige wertvolle Tipps für deine eigene Arbeit enthält.

  1. Finde den Purpose aus den genetischen (≠ generischen) Werten der Marke.
  2. Das Thema muss einen wesentlichen Grundwert der Marke aktivieren, etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt.
  3. Der Brand Purpose muss dem Unternehmen ein authentisches Anliegen sein. Würdest du dich auch dafür stark machen, ohne dass es deiner Marke einen Werbe-Nutzen bringt? 
  4. Ein Brand Purpose muss einen Beitrag zum Nutzen des Publikums liefern. 
  5. Das Publikum muss aktiviert werden und darf nicht passiver Beobachter bleiben. So wird es tragender Teil des Brand Purpose.
  6. Die Message muss T-Shirt fähig sein, also sowohl von Botschaft und Formulierung konzentriert kommuniziert werden können.

Willkommen in der Generation Why, allerseits.

Millennials, Generation X, Y, Z, Generation Global, Generation Greta – die Wahrheit ist, dass eine alterslose Generation (wieder)erwacht: die Generation Why. Menschen, die den Sinn im eigenen Leben und hinter den Dingen offensiv erfragen oder wenigstens spüren wollen und ihr Lebensmodell danach ausrichten. Work-Life-Balance ist so eine Ausrichtung, auch wenn sie oft auf der Idee von No-Work-Balance und auf der Verwechslung von Freiheit mit Freizeit aufgebaut ist. 

Aber sei’s drum. – Mir ist auch immer noch lieber, die Schüler schwänzen am Freitag die Schule wegen der Klimakrise als die Politiker ihren Job in der Klimakrise …  

Die Generation Why richtet ihr Leben, ihr Verhalten und ihre Entscheidungen und sehr häufig auch Kaufentscheidungen nach einem Purpose, einem Meaning, nach dem Warum aus. So verwandelt sich konsequent die Aufgabe der Markenkommunikation von Verkündung in Bedeutungsmanagement.

Nachdem man über viele Jahrzehnte das Aufspringen auf Trends erfolgreich praktizierte, ist die reflexartige Versuchung enorm, aufs Mean-Washing-Trittbrett zu springen und kräftig dort abzugreifen, wo die gierigen Pfoten definitiv überhaupt nichts verloren haben, weil sie dort im besten Fall den Keim des Scheiterns sehen und dann den verdienten Lärm der Niederlage ernten. 

Das beginnt schon bei der irreführenden Auslobung von Produkten. Erst dieser Tage hatte ich in Wien wieder einen Salatbeutel von Spar in den Händen, auf dem groß „Hergestellt in Österreich“ zu lesen war, selbstverständlich mit rotweißroter Zierleiste versehen. Jeder Mensch erwartet sich, dass Salat aus Österreich drin ist – was denn sonst? – und greift zu, weil wir heimische Produkte kaufen, aus allen bekannten Gründe.

Drin war Salat aus Irgendwo, der halt in Österreich in den Beutel wanderte. Rechtlich sicher in reinster Ordnung, aber auch reinste Irreführung und sonst gar nichts. Ein Elend, zumal von einem Unternehmen, das sich selbst seines Österreichisch-Seins nicht genug loben kann. Das ist Mean-Washing und vor allem schändlich, hinterhältig und einfach nur falsch.

Brand Purpose und Meaning sind zu Recht in den Fokus von Unternehmen und Marken gerückt. Unbedingt machen! Aber bitte authentisch, ernsthaft und nicht als Werbegag. 

Das kann wirkungsvoll sein, zum Nutzen aller Beteiligten – auch zum eigenen  – vorausgesetzt, man bringt unbeugbar Relevanz mit zur Party und denkt nicht einmal daran, etwas manipulieren zu wollen. Auch nicht jetzt, wenn es weihnachtet, die Tränendrüsen schwellen, die Moralkeule locker sitzt und die Emotionen tief fliegen. Lasst eure listigen Spins, schlauen Framings und klugen Narrative stecken, oder noch besser: Löscht sie aus eurer DNA raus. Auch das Märchen vom Erfolgsgeheimnis Manipulation beginnt mit „Es war einmal …“

Anliegen, Werte, Sehnsüchte bringen Bewegung in Menschen und Menschen in Bewegung. Das macht Story für und mit uns. Deshalb macht uns Story stark – als Menschen, als Unternehmen und Marken, als Gesellschaft. Mit Story führen wir unser Leben, führen wir unsere Organisationen und führen wir in die Zukunft – wenn wir sie finden, erkennen und teilen.

Jede gute (Brand-)Story zeigt die Werte, für die sie steht, für die du stehst, aufstehst oder sitzen bleibst wie Greta am Freitag. So entsteht Bedeutung – Meaning.

Egal ob Weltkonzern, ob KMU/kleine und mittlere Unternehmen, oder heldenhafte Einzelkämpfer als EPU: Jeder Mensch, jede Marke, jedes Unternehmen hat und braucht mindestens einen archaischen Wert und die dadurch aktivierte Story, um die sich alles dreht. Wenn du keinen magnetischen Wert als lebendiges Thema hast, bleibt dir nämlich nur noch ein einziges anderes: der Preis.

Allen, die also sagen: „Für mich gilt das nicht und für meine Marke schon gar nicht, denn ich bin zum Geldverdienen da!“, seien jene Worte ans Herz gelegt, die meine Großmutter, die alte Story Dudette, mit ihrem blutroten Lippenstift auf die Vitrine von Onkel Dagoberts Glückstaler schrieb: „No Story. No Glory.“

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